Liebes Forum,
ich muss ein bisschen weit ausholen, damit Ihr mein Problem versteht. Ich lebe seit 18 Jahren in Gambia, West Afrika, und nehme immer wieder ausgesetzte Hunde auf, Strassenhunde, verletzt, krank, behindert, ebenso ausgesetzte Katzen.
Im Moment habe ich vier Hunde und vier Katzen. Mein aeltester Hund ist ein Mischling, keine Ahnung welche Rassen da mitgespielt haben, ca. 8 Jahre, kam als ausgesetzte Welpe zu mir, sie heisst Lulu.
Dann kam Harry, ein Strassenhund mit einem tennisballgrossen Tumor am linken Vorderlauf, wurde operiert, ist alles ok. Er ist ca. 10 Jahre alt, Mischling unbekannter Herkunft.
Dann kam Ellie, ausgesetzter Hund, wurde von einem Taxi angefahren, linker Vorderlauf konnte nicht mehr gerettet werden, wurde amputiert. Sie ist etwa 2 Jahre alt, Mischling unbekannter Herkunft, und hatte lange gebraucht bis ich sie ins Rudel integriert hatte.
Und nun ein ca. 11 Monate alter intakter Ruede (alle obigen Hunde sind kastriert), namens Jarajara (heisst auf Mandinka “zucken”). Und das ist mein Problemhund. Ich brauche Hilfe und hoffe ich kann sie von Euch bekommen.
Zu Jarajara folgendes. Ich bekam ihn von einem britischen NGO das hier in Gambia Hunde aufgreift, sie kastriert und impft, falls noetig von einem TA behandeln laesst und dann weitervermittelt. Er wurde als Welpe am Strand gefunden zu diesem Verein gebracht und wurde dann krank. Der Tierarzt vermutete Staupe und behandelte ihn, der Hund ueberlebte, hat aber nun diese Konvulsionen. Er ist ansonsten total gesund und normal, wie alle anderen Hunde, er hat nur diese Zuckungen. Es macht ihm scheinbar nichts aus, er tollt mit meinen anderen Hunden herum und ist akzeptiert und integriert.
Nun zum Problem. Ich gehe immer mit 2 Hunden an der Leine an den Strand und erst dann lasse sie dann laufen. Aber Jarajara jagt Autos, Huehner, Ziegen, Esel, Fahrraeder, alles was sich bewegt. Seltsamerweise kommt er mit meinen Katzen sehr gut aus, er leckt sie sogar ab. Erst dachte ich, dass die Staupe nicht nur das Zucken verursacht, sondern auch sein Gehirn beschaedigt hat. Er ist hyperaktiv, kaum zu baendigen, an der Leine gehen ist unheimlich schwierig. Er ist ein temperamentvolles Energiebuendel mit dem ich bei den Spaziergaengen kaum fertig werde. Zu Hause ist er brav, zerstoert nichts, kommt mit allen Hunden und Katzen aus, benimmt sich vorbildlich.
Ich fing an zu recherchieren, um mir Hilfe zu holen, und glaube nun zu wissen woran es liegt. Seinem Aussehen nach vermutete ich, dass er etwas von einem Schaeferhund hat, doch als ich Bilder von kurzhaarigen Malinois sah wurde mir alles klar. Entweder ist er ein reinrassiger Malinois, oder ein Mix. Auf jeden Fall zeigt er alle Eigenschaften eines belgischen Schaeferhundes. Es kann moeglich sein, dass Europaeer hier Malinois zuechten. Ich weiss, dass einige Leute deutsche Schaeferhunde und Mastiffs zuechten und hier fuer viel Geld verkaufen. Vielleicht wurde er ausgesetzt, weil er schon Symptome zeigte, vielleicht ist ein Ruede ausgebuext und hat mit einer streunenden Huendin Nachwuchs gezeugt. Alles ist moeglich.
In bezug auf Tierliebe ist Gambia ein schlechtes Land, 90% Muslime, Hunde werden von den meisten Gambiern gehasst. Wir haben gambische TAs die meist nur Nutztiere behandeln koennen. Ein nigerianischer, ein kongolesischer und ein belgischer TA sind die einzigen kompetenten Tieraerzte hier. Hundeschulen oder –trainer – Fehlanzeige, die gibt es nicht. Europaeer sind die einzigen, die sich um die Hunde und Katzen kuemmern.
Es tut mir leid, dass dies nun so lang werden musste, aber ich versuche nur die ganze Situation zu erklaeren. Was ich mir von Euch erhoffe: was kann ich tun, damit Jarajara nicht mehr jagt? Wie bringe ich ihn dazu, dass er nicht mehr auf Autos losgeht, Huehner, Ziegen und Schafe in Ruhe laesst und Radfahrer nicht mehr zum Stuerzen bringt? Wie kann ich ihn trainieren? Habt Ihr irgendwelche Loesungen?
Ich hatte in all diesen Jahren schon so viele Hunde, war aber noch nie mit solch einem Verhalten konfrontiert. Es waren und sind alles Mischlinge, gekreuzt mit was weiss ich, und hatten alle einen sanfteren Charakter. Ich wuerde alles tun, damit er ruhiger wird und nicht mehr gleich auf alles losduest was sich bewegt. Ich liebe diesen Hund. Er hat mir vor ein paar Wochen mein Leben gerettet und eine Puffotter verbellt, die in meinen Flur lag. Ich waere beinahe draufgetreten. Ich konnte sie mit einem Besen aus der Haustuere schubsen.
Wuerde mich sehr freuen von Euch zu hoeren. Moechte meinen Jarajara zu einem guten und braven Hund erziehen. Auch meine Nachbarn wuerden sich freuen, denn deren Huehner fliegen ueber die Mauer in meinen Compound. Hier laufen sowieso alle Viecher frei herum. Das letzte mal konnte ich meine Nachbarin ueberzeugen, dass nicht Jarajara ihr Huhn gekillt hat, sondern die Schlange.
Liebe Gruesse,
Muso Koyoo (weisse Frau auf Mandinka)